Oh! Der wohl speziellste und schwierigste Fall! Alles was er sagte, oder vielmehr, murmelte, war JCB oder 'You're a nitwit' (Du bist ein Schwachkopf), oder sonstige unverständliche Fetzen. Und dann war er nie aufzufinden, ein Meister des Versteckens und des unauffällig Seins. Aber alles beobachten! Haargenau!
Allerdings wurde er auch einigemale des Diebsstahl, oder sagen wir lieber, der Klepdomanie, überführt.
In den letzten Wochen und Monaten hatte ich seine persönliche Betreuung übernommen, weil er an seinem Bein eine riesige stinkende eiternde Wunde hatte. Auf die wurde man erst aufmerksam, als man es im ganzen Haus riechen konnte! Das war echt gruselig! Aber einer mußte es ja versorgen und waschen. Man kann ihn ja nicht einfach so dahinvegetieren lassen. Ich hab mich da richtig reingehängt. Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, diesen verschlossenen Typ zu knacken! Er wollte ja immer allein sein. Sobald man mit ihm sprach, winkte er nur ab und wollte in Ruhe gelassen werden.
Also hab ich immer nur das nötigste mit ihm gesprochen und ihm seine Freiheit gelassen. Allerdings war ich immer da und habe ihm überall dezent geholfen!
Irgendwann hat das auch Wirkung gezeigt! Ich war der einzige, dem er sich manchmal mitgeteilt hat! Und die absolute Krönung kam dann an meinem Abschiedstag! Da drückte er mir ganz heimlich und verstohlen einen Brief in die Hand. Natürlich keinen im gewöhnlichen Sinne, aber er hatte was gemalt und mit seinem Namen unterschrieben!
Ich glaube, nur wer so was mal erlebt hat, kann sich vorstellen, was für ein großartiger Moment das für mich war! Später hat mir das niemand geglaubt mit dem Brief. Ein Brief von Adrian, das hielten alle für ausgeschlossen. Was war das eine Genugtuung für mich! Ohne auch nur ein winziges bißchen Anthroposophie zu kennen, war mir mehr gelungen als allen anderen zuvor!

 


Ingo Schmidt 2002